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Veröffentlichung der Dissertation von Dr. iur. Robert Müller LL.M. zum Einsatz von Blockchain-Lösungen zur Bekämpfung der Mehrwertsteuerhinterziehung


Wir möchten auf die soeben erschienene und für den IDSt-Fachausschuss VI relevante Dissertation mit dem Titel „Bekämpfung der Mehrwertsteuerhinterziehung bei grenzüberschreitend erbrachten digitalen Dienstleistungen an Verbraucher mit Hilfe der Blockchain-Technologie“ von Dr. iur. Robert Müller LL.M. aufmerksam machen.

Robert Müller ist stellvertretender Vorsitzender des IDSt-Fachausschusses VI („Distributed Ledger in Besteuerungsprozessen“). Der Fachausschuss beschäftigt sich mit der Evaluierung steuerlicher Anwendungsfälle von Distributed Ledger-Technologien wie der Blockchain. Die Identifizierung und Umsetzung von Potenzialen der Blockchain-Technologie für das Steuerrecht werden durch den IDSt-Fachausschuss herausgearbeitet. Es sollen Empfehlungen für technische Standards und Governance-Modelle entworfen werden. Die Arbeit von Dr. Robert Müller zeigt auf, dass neue Technologien in einer zunehmend digitalen Welt Potenziale zur – verfassungsrechtlich gebotenen – Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung bieten.

Herausforderungen im Besteuerungsvollzug der digitalen Wirtschaft

Die Weltwirtschaft ist zunehmend digitaler und globaler aufgestellt. Dadurch werden, insbesondere im E-Commerce, immer häufiger grenzüberschreitende Leistungen zwischen Unternehmern ausgetauscht bzw. an Verbraucher erbracht. In aller Regel fällt dann auch Mehrwertsteuer an. Am Beispiel von grenzüberschreitend erbrachten digitalen Dienstleistungen an Verbraucher (z.B. durch den Download von Spielen oder Software, durch Video- oder Musikstreaming, etc.) diskutiert Robert Müller die Herausforderungen bei der umsatzsteuerlichen Kontrolle durch die Finanzverwaltung. Wie der Europäische Rechnungshof in einem Bericht aus dem Jahr 2019 herausgestellt hat, ist dieser Bereich des E-Commerce für Mehrwertsteuerhinterziehung besonders stark anfällig. Der Autor erläutert anschließend das Paradox, dass den Finanzverwaltungen trotz der digitalen Leistungserbringung und einer damit grundsätzlich einhergehenden Dokumentation von Transaktionen im E-Commerce, keine geeigneten Ermittlungsinstrumente zur Verfügung stehen.

In der EU hat sich bei der Erbringung digitaler Dienstleistungen an Verbraucher das sogenannte Bestimmungslandprinzip durchgesetzt, d.h. die Mehrwertbesteuerung erfolgt beim Leistungsort des Verbrauchers. Diese Entwicklung mündete auf EU-Ebene in komplexe Regelungen und der Implementierung des ehemaligen Mini-One-Stop-Shop. Jedoch ergeben sich daraus Herausforderungen für eine gleichmäßige Rechtsdurchsetzung.

Schwierigkeiten bei Ermittlungen im E-Commerce

Der Autor arbeitet konkrete Schwierigkeiten der Finanzverwaltung bei Ermittlungen im E-Commerce heraus und kommt zum Schluss, dass nationale Ermittlungsmaßnahmen und die internationale Amtshilfe die fehlerhafte Erfüllung von Mehrwertsteuerpflichten im E-Commerce nur teilweise aufdecken können. Somit verbleibt ein Ermittlungs- und Vollzugsdefizit bei grenzüberschreitend erbrachten digitalen Dienstleistungen.

Es wird herausgestellt, dass das Kernelement für eine erfolgreiche Ermittlungsführung in der Informationsgewinnung relevanter Flussdaten von zwischengeschalteten Daten- und Zahlungsdienstleistern sein könnte. Nach Auffassung des Autors garantiert hingegen die bloße Identifizierung von risikobehafteten Leistungserbringern allein noch keine weitgehende Rechtsdurchsetzung.

Blockchain-basierter Erhebungsmechanismus im E-Commerce

Zur Verbesserung des Vollzugs setzt der Autor auf einen Blockchain-basierten Erhebungsmechanismus in der Mehrwertsteuer. Sein Modell baut auf dem bereits seit einigen Jahren diskutierten Split Payment-Verfahren auf. In einem solchen System kann die Abführung der Mehrwertsteuer an den Fiskus, anders als bisher, bereits während der Ausführung des Zahlungsvorgangs durch den Zahlungsdienstleister erfolgen. Die derart frühzeitig abgeführte Mehrwertsteuer kann dann nicht mehr hinterzogen werden. Zur Informationsübermittlung wird die Blockchain-Technologie verwendet. In diesem dezentralen Verfahren muss der leistende Unternehmer bei der Rechnungsstellung auch mehrwertsteuerrelevante Informationen angeben, damit der Zahlungsvorgang vom Verbraucher veranlasst und die Mehrwertsteuer durch den Zahlungsdienstleister abgeführt werden kann. Der Autor betont, dass die korrekte Implementierung des Systems nur möglich ist, wenn Anpassungen im Zahlungsverkehrssystem vorgenommen werden.


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